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The warrior in me

Wenn Menschen meine Geschichte hören, fragen sie mich oft, wie ich denn das alles aushalte, wie ich es immer wieder schaffe, nach oben zu kommen und dass sie an mir bemerken, eine „starke Frau“ zu sein. Auch wenn ich Stereotypen, Schubladen und Klischees nicht ausstehen kann, wird an der „starken Frau“ wohl was dran sein. Ich nenne es lieber, den „Warrior in me“. Seit ich denken kann, habe ich ein gewisses Durchhaltevermögen. Ganz egal, ob es damals um irgendwelche technischen Geräte in unserem Haushalt ging, wo mein Papa das Handtuch relativ schnell warf – und alles immer gleich entsorgen wollte, oder ich später ein technisches Studium absolvierte, obwohl ich im Herzen eher Blumenkind und Künstlerin war, es gab immer diesen kurzen K.O.-Moment, nach dem ich mich dann erst recht aufraffte und siegte.

Natürlich – Lebensumstände, körperliche Gegebenheiten, Schicksalsschläge, Verluste usw. können einen schon an seine Grenzen bringen, aber ist diese Grenzerfahrung nicht das, was uns oft erst Türen in eine neue Dimension öffnet?

Ich wollte als Kind und will heute nicht aufgeben. Ich sehe es überhaupt nicht ein, wenn die gängige Meinung ist – es ist alles verloren. Rien ne vas plus. Erstens frage ich „Warum?“, „Was hat dazu geführt?“ und dann „Wozu können mir diese Zeiten dienen?“

Aber – was macht einen Krieger überhaupt aus? Das Fachvokabular dafür heißt „Resilienz“. Das bedeutet, unter schwierigen Situationen eben nicht aufzugeben, nicht zu verzweifeln und die Umstände abprallen zu lassen und sich mit diversen Maßnahmen am eigenen Haarbüschel wieder hochzuziehen. Und auch wenn der Körper im wahrsten Wortsinn „liegen bleibt“, sich geistig wieder hochzuarbeiten. Menschen mit Resilienz gehen immer gestärkt aus solchen Situationen heraus. Der Mensch ist entscheidendes Sein sagte schon Carl Jaspers, und von Dr. Viktor E. Frankl stammt die Aussage, der Mensch wäre „zwar nicht frei von etwas, aber frei zu etwas“!


Wenn auch der Körper zu einer Zeit bewegungsunfähig, erkrankt ist und sich nicht ausreichend ausdrücken kann, kann er dadurch, dass der Mensch aus Körper, Seele und Geist besteht, „trotzdem Ja zum Leben sagen“ (Dies ist der Titel eines sehr empfehlenswerten Buches von Dr. Viktor Frankl, in dem er seine Zeit im KZ und die Beobachtungen, die er dort gemacht hat, niederschrieb)

Auch wenn ich erst viel später mit der Logotherapie in Berührung kam, habe ich doch Zeit meines Lebens gefühlt, es muss für etwas gut sein, es muss wieder besser werden! Meine Kindheit und Jugend verbrachte ich als Kind der Nachkriegsgeneration, welches von Überlebens- und Existenzängsten, dem Bestreben, möglichst still und angepasst zu sein (denn was sollen denn die Nachbarn denken) und dem Gedanken geprägt war, wenn es schwer wird, einfach aufzugeben – was sich für mich einfach nie richtig anfühlte. Ich fand als Kind – in meinem Rahmen – Situationen, in denen ich diese Strategie umsetzte, doch das sollte noch nicht alles gewesen sein.

Nach meiner Ausbildung zur Medizintechnikerin zog es mich dann endlich in die Ausbildung zum Psychosozialen Berater. Ich absolvierte diese Ausbildung in Graz an der Österreichischen Gesellschaft für Logotherapie. An diesem Punkt fühlte ich, dass ich mit meinen Gedanken und meinem Denkansatz ganz und gar nicht alleine war. Ich fühlte mich ein Stück weit – zu Hause angekommen. Ein wesentlicher Teil, der mich flashte und meiner Vorstellung von Leben gerecht wurde, war die GESTALTBARKEIT des Lebens – und das zu jedem Zeitpunkt. Natürlich fühlte ich das in meinen persönlichen Krisen auch nicht immer, aber die Kämpferin in mir gab sich mit einer Niederlage einfach nicht zufrieden.

In der Ausbildung war es auch, wo das Wort „Krise“ erklärt wurde, welches sich vom griechischen Wort „crisis“ ableitet. Das bedeutet „Meinung“, „Beurteilung oder „Chance“. Diese Chancen auf Verbesserung oder Veränderung in der Krise einmal überhaupt für möglich zu halten, oder anzunehmen, dass man nicht „einfach so“ diese Zeiten durchlebt, das macht meinen inneren Kämpfer aus.

Das Leben ist ein Abenteuer und Du stehst mitten in Deiner persönlichen Heldengeschichte als Hauptdarsteller für Dich ein. Stell dir vor, es gäbe einen Film, der deinen derzeitigen Zustand darstellt. Würdest Du ihn selber ansehen wollen? Was würdest Du dem Hauptdarsteller in den Fernseher brüllen, wenn er Deines Erachtens nicht schnell genug handelt oder die drohenden Gefahren nicht sieht? An welchem Punkt würdest Du aus- oder umschalten, weil dich dein eigener Film langweilen würde? Oder bist du zufrieden mit dem, was Du siehst?

Wir alle stehen mitten in unserem Film, unserer Serie oder in unserem Buch. Dem Buch unseres Lebens. Und das Leben stellt uns Fragen. Unsere Aufgabe ist zu antworten, der Ver-ANTWORT-ung nicht auszuweichen, reißende Ströme zu bezwingen, anstrengende Reisen zu überleben, aber auch erholsame Inseln zu entdecken.

Im Film wissen wir genau, dass wir zu den Guten halten und die Räuber und falschen Menschen der Verurteilung übergeben sollen. Und im echten Leben? Wie hilflos, handlungsunfähig und gebunden fühlen wir uns oft, obwohl es immer noch – solange wir am Leben sind – Gestaltungsspielräume gibt.

Ein Grund von solchen Zeiten ist, dass wir uns selbst in verschiedenen Rollen und Szenen kennenlernen dürfen und auch wenn die Szene wieder und wieder „gedreht“ wird, es kommt die Zeit, wo sie perfekt ist. Erst dann kommt die nächste. 😉

Habe ich Zeiten erlebt, die wirklich hart und fordernd waren? Ja. Habe ich Zeiten erlebt, in denen ich am liebsten aufgegeben hätte? Ja, auch das kenne ich. Aber, und das ist ein großes Aber: Mein „Warrior in me“ war Gott sei es gedankt immer stärker! Und auch wenn es kleine Schritte waren, ich bin sie gegangen. Wenn ich nicht mehr konnte, gab es Menschen an meiner Seite, die mich gestützt und mir geholfen haben. Manchmal half auch nur mehr eine komplette Notbremsung. Du magst jetzt vielleicht fragen, was ist, wenn ich von Haus aus keine Kämpfernatur bin? Ich denke, man weiß oft erst, dass man eine ist, wenn man in Situationen kommt, um dies zu beweisen. Und ich glaube daran, dass es möglich ist, zu lernen, zu erproben und sich zu verändern.

In welcher Situation du gerade steckst, weiß ich nicht. Was dir im Moment am meisten zu schaffen macht, weiß ich leider auch nicht. Ich möchte Dir trotzdem einen Tipp geben. Stell dir vor, Du hast einen guten Freund oder eine gute Freundin und er/sie durchlebt dasselbe, was Du gerade erlebst. Was würdest du ihm oder ihr raten? Du könntest auch das Problem auf einen Zettel schreiben oder malen, es in der Mitte des Zimmers hinlegen und von verschiedenen Positionen drauf schauen. Zuletzt auch einmal, wenn Du auf einem Stuhl stehst und quasi von „oben herab“ auf das Problem schaust. Ist es dann noch immer so schlimm? Oft bewirkt eine Änderung des Blickwinkels einen großen Schritt nach vorne, eine Distanz zum aktuellen Thema. Wenn du dazu noch mehr hören willst, und es dich irgendwie innerlich anspricht, dann lass mir einen Kommentar hier.

In jedem Fall wünsche ich Dir alles Gute, viel Mut und ein großes Stück „warrior in you“!



In diesem Sinne


Be a voice, not an echo!


Eure Katrin


 

BUCHTIPP


"... trotzdem Ja zum Leben sagen: Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager"

Viktor E. Frankl

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