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Ruhezeit

Faszinierend war für mich in der Ausbildung zur Medizintechnikerin die Vorlesung „Anatomie“. Dort lernten wir, dass der Herzrhythmus aus drei Phasen besteht – der Anspannung, der Entspannung und der Refraktärzeit. Die Refraktärzeit ist jene Zeit, in der das Herz in Ruhe ist und es keine Erregung zulässt. Dies ist auch die Zeit, wo eine Anwendung des Defibrillators sinnlos ist, weil die Herzmuskelzellen nicht darauf reagieren. Diese dritte Phase hat mich sehr verwundert. Anspannung und Entspannung waren für mich logisch, aber diese Zeit der völligen Pause des Herzens, die war mir neu. Dieser einfache Fakt hat mir jedoch oft geholfen, wieder die Balance zu finden.

Eine Anspannung ohne Entspannung geht auf Dauer auf die Substanz. Eine Entspannung ohne Anspannung bringt kein neues Leben mit sich. Aber nach An- und Entspannung braucht es auch eine Zeit, in der gar nichts passiert, bevor es wieder mit dem Herzrhythmus losgeht. In gleicher Weise können wir auch die Musik betrachten. Das Lied oder die Komposition lebt von den Pausen. Wenn jemand ohne Punkt und Komma spricht, dann kommt der andere nicht zu Wort und der Redner kann nicht einmal Atem holen. So ist der Kreislauf des Lebens, wenn ich mich überarbeite und über meine Grenzen gehe, dann liege ich für längere Zeit brach, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Wenn ich lange auf mein Training verzichte, so muss ich im Nachhinein wieder doppelt so viel investieren, um auf gleich zu kommen.

Gestern habe ich über den „Warrior in me“ gebloggt. Ein weiterer Aspekt vom Durchhalten und nicht aufgeben, waren für mich auch immer die Zeiten der absoluten Ruhe. Leider habe ich mir diese oft nicht selbst verordnet, sondern mein Körper holte sie sich einfach, weil ich ihn zu lange übergangen hatte. Es ist der Punkt, den manche vielleicht als Erschöpfung oder Burn Out bezeichnen würden. Selbst wenn man möchte, es geht einfach nichts mehr. Es dringt nichts mehr durch. So wie eine Erregung der Herzmuskelzellen nicht mehr anschlägt, so gibt es im Leben auch die Zeiten, wo sich der Lebenszyklus in einen Ruhemodus begibt.

Positiv für mich bemerke ich, dass dieser Anspannungs-Entspannungs-Pause-Rhythmus ein gesunder ist. Denn, danach geht es wieder los!

Wir haben in unserer Gesellschaft oder in unseren Lebenssystemen relativ gut gelernt, Anspannung auszuhalten. Schwerer fällt uns schon eher die Ent-spannung. Und oft ist selbst die Entspannung mit irgendeinem Leistungsdruck verbunden. Manchmal warten wir sogar bis zum nächsten Urlaub. Wenn dieser nicht zustande kommt, dann kann es mitunter ganz schön zäh werden. Aber die Pause zu umgehen, ist in keinem Fall ratsam. Ich habe gelernt, im Alltag immer wieder Pausen einzuplanen. Bewusst. Vor allem wenn unsere Kinder immer wieder etwas benötigen. Das kann zum Beispiel bedeuten, den Nachmittagskaffee im Sitzen und in Ruhe zu trinken und dabei aus dem Fenster zu schauen, die Hände beim Spazieren gehen in den kalten Brunnen zu tauchen, sich auf den Balkon legen und in die Sterne zu schauen oder meinen Katzen beim Schnurren zuzuhören! Es gibt noch so viele geniale Dinge! Ich lade dich ein, für dich selbst solche Pause-Momente zu finden und diese regelmäßig zu genießen!

Meine Zeiten des Kampfes hatten oft einen fehlenden schöpferischen Wert – auch dieser Begriff ist Teil der Logotherapie. Soll heißen, ich hatte zwar Entspannung, aber ich war nicht Teil eines schöpferischen Prozesses, was mich lähmte und unzufrieden machte. Wenn ich nur schöpferisch war, also irgendwie arbeitete und keine Entspannung hatte, machte sich auch ein hohes Maß an Unzufriedenheit breit. Daher brauche ich in jedem Fall ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen diesen beiden. Was ich mir – aufgrund meiner inneren Antreiber und angelernten Gewohnheiten oft selbst nicht erlaubte, war eben diese Ruhe-Pause. Dazu gehört, etwas zu tun, was für andere vielleicht völlig schwachsinnig ist, wie zum Beispiel einfach einen Tag im Bett zu verbringen, nichts „Brauchbares“ zu tun, dem Körper einen „Reset“ zu geben. Wie lange dieser dauert, ist wieder von Mensch zu Mensch unterschiedlich und vor allem davon abhängig, wie schnell man in diesen „Ruhe-Modus“ schalten kann.

Ein Ort, wo Pause wirklich Pause ist, wo man einfach sein kann, die Seele aufatmet und es mir gut geht, ist für mich auch in der Natur, an einem schönen Ort, am Wasser, im Wald, bei einem Sonnenuntergang. Diese Zeiten füllen mich wieder auf – und ich muss nichts dafür tun.

In meiner Social-media reduzierten Zeit ist es mir um vieles leichter gefallen, mir überhaupt Alternativen zu überlegen und in die bewusste Pause zu gehen. Wenn man so gern lernt und sich weiterbildet, wie ich, steht man in der Gefahr, jede Pause zum Hören, Lesen, Schmökern zu nutzen. Aber, … ich entscheide mich nun bewusst dagegen.

Du merkst es selber ganz schnell: Wenn einer der drei Bereiche entweder überstrapaziert wird oder zu kurz kommt, dann fühlt sich das so „unrund“ an, man wird leicht genervt und unzufrieden.

Ich lade Dich ein, auch in deinem Leben auf die Suche zu gehen, ob Du diese drei Bereiche ausreichend praktizierst. In der Bibel , in den Sprüchen heißt es:


Mehr als alles andere behüte dein Herz; denn von ihm geht das Leben aus.


Ich möchte mich heute bewusst daran halten. Und mir den ureigens gegebenen Herzrhythmus zum Vorbild nehmen. Anspannung – Entspannung – Refraktärzeit (Pause)

Ich bin gespannt, welches Leben dann von mir ausgehen kann. Wer davon profitieren darf? Wie es sich anfühlt, nicht mehr gehetzt zu sein, ausgelaugt oder fadisiert. Wie ich mir von einem schöpferischen Prozess etwas Gutes tun kann um dann zum Beispiel in der Natur Ruhe zu finden. Die Natur und die Schöpfung geben uns so viel Gutes vor. Wir müssen nur darauf achten.



In diesem Sinne – achte auf Dein Herz!


Be a voice, not an echo!


Eure Katrin

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